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„Die Schauspielerei war eine schöne Zeit“
Interview mit Erika Remberg
 
Die Tochter eines österreichischen Tabakpflanzers in Sumatra machte im deutschen Film der fünfziger Jahre Karriere. Erika Remberg spielte in kommerziell erfolgreichen Heimat- und anderen Unterhaltungsfilmen. Auf einer Party in Spanien lernte sie Gustavo Rojo kennen. „Gustavo Rojo war sicher einer der schönsten Männer, die ich je in meinem Leben gesehen habe.“ Erika Remberg folgte Rojo nach Hollywood. 1960 heirateten sie in Santa Monica. Die Ehe hielt nur bis Mitte der 1960er Jahre, danach trennten sich die Wege. Das Publikum sah Erika Remberg noch in einigen kleinen Rollen in Filmen und Fernsehserien, dann zog sie sich aus Mangel an guten Rollenangeboten ins Privatleben zurück. Erika Remberg lebt heute in Spanien. Auf den Internet-Seiten von Gustavo Rojo gibt es nun ein exklusives Gespräch mit Gustavos früherer Ehefrau.
  
Gustavo Rojo und Erika Remberg
   
Kamen Ihnen bei Lesen von Gustavos Biografie ABENTEUER VON TARZAN BIS WINNETOU Erinnerungen auf?
Zunächst möchte ich sagen, dass es ein wunderbares Buch ist. Ich habe mich gerne an viele Sachen zurück erinnert und auch eine Menge Neues erfahren. Ich wusste nicht, dass Gustavo so viele Filme gedreht hat. Das hat er nie erzählt. Ich bin mir sicher, wenn das Buch auf Spanisch übersetzt ist, wird es viele Leser finden. Ganz Lateinamerika ist doch Gustavos Fan. Ich wünsche viel Erfolg mit dem Buch!
 
Vielen Dank. – Kommen wir zu Ihnen. Sie wurden in Indonesien geboren…
Ja, richtig. Mein Vater war Tabakpflanzer auf Indonesien.
 
Welche Erinnerungen verbinden Sie noch an das Land?
Ich war fünf, als ich dort wegging. Ich habe noch einige „snapshots“ in meinen Erinnerungen. Aber nicht viele. An unser Haus kann ich mich erinnern. Ich war später zweimal dort, habe das Haus auch wieder gefunden. Aber an viel kann ich mich nicht erinnern. Ich war damals ja noch so klein.
 
Aber eine Beziehung zu Indonesien gibt es noch?
Natürlich, für mich ist das meine Heimat. Ich bin ein bisschen multikulti, habe auch in Österreich, Deutschland gelebt, und bin jetzt in Spanien.
 
Wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen?
Zur Schauspielerei bin ich wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Es fing an, dass ich Kurse besuchte, Theater spielte und dann bin ich hängen geblieben. Nachdem ich schon ein Jahr Bühnenerfahrung hatte, drehte ich meinen ersten Film, DER GEIGENMACHER VON MITTENWALD, in 1950.
 
Das war die Zeit der Heimatfilme…
Zu meinen Eindrücken zum Heimatfilm fragen sie mich besser nicht. Das war halt die Zeit. Meine ersten Filme waren Heimatfilme und damals fand ich das toll. Ich kam aus der Provinz und für mich war es großes Kino mit berühmten Namen.
 
KAISERJÄGER (1956) schwamm ein bisschen im Sog der Sissi-Filme mit…
Das kann man sagen. – Mein Filmpartner Adrian Hoven war ein zauberhafter Mensch. Und Willi Forst noch ein Regisseur der alten Schule. Er war nett und angenehm.  
 
Sie waren damals eine bekannte Schauspielerin, wie auch Romy Schneider. Haben Sie Romy kennen gelernt?
Romy Schneider bin ich nur einmal begegnet. Wir haben immer an unterschiedlichen Orten gedreht.
 
Kommen wir zu Klaus Kinski. Wie würden Sie ihn als Mensch beschreiben?
Seltsam. Gehetzt. Er war ja auch ein bisschen verrückt. Mit ihm war es nicht einfach klar zu kommen. Manchmal ist er einfach durchgedreht.
 
Sie waren aber mit ihm zusammen?
Ja, ein halbes Jahr. Klaus und ich fingen während der Dreharbeiten zu UM THRON UND LIEBE (1955) ein ziemlich enges Liebesverhältnis an. Als ich mich von ihm trennte, wollte er sich das Leben nehmen. So weit ist er gegangen. Dann habe ich ihn gesund gepflegt. Bin aber trotzdem gegangen… Wir sahen uns nur noch zweimal wieder. Erst in Jugoslawien, bei den Dreharbeiten zu WIE TÖTET MAN EINE DAME? Da kam er mit seiner Frau und der kleinen Tochter an und alle beide waren in Zobel gehüllt. (lacht heftig) Unser Verhältnis war da freundschaftlich normal. Dann traf ich ihn noch einmal auf den Philippinen, viele Jahre später. Er drehte einen Film, ich begleitete meinen Mann. Wir wohnten im selben Hotel und trafen uns zufällig am Swimmingpool.
 
Wie beurteilen Sie den Schauspieler Klaus Kinski?
Ein fantastischer Schauspieler. Bei UM THRON UND LIEBE und anderen seiner frühen Filmen war er aber am Set kein schwieriger Schauspieler, jedoch dann bei späteren Filmen, wie ich hörte…
 
LAILA (1958) ist ein bunter Abenteuerfilm und war ein großer Erfolg…
Das war eine wunderschöne Zeit. Ist ein hübscher Film geworden, woran ich mich gerne erinnere. LAILA wurde hauptsächlich in Lappland gedreht. Einige Aufnahmen entstanden zum Abschluss noch in und um Stockholm. Insgesamt wurde rund fünf Monate gedreht. Zwei Monate im Frühling, drei im Sommer. Der schwedische Regisseur Rolf Husberg war wahnsinnig gut. Im Sommer holte er seine Frau und die beiden Kinder nach Nordschweden. Ich nahm dann meine achtjährige Tochter Veronika, die „Ronny“ genannt wurde, mit. Sie verbrachte die Zeit, in der ich drehte, mit Husbergs Frau und Kindern. Die sprachen natürlich Schwedisch. Am ersten Tag, als ich heimkam, fragte ich meine Tochter: „Wie war es?“ „Ich habe kein Wort verstanden.“ Am zweiten Tag fragte ich wieder: „Und, wie war es?“ „Ich habe das und das und das erzählt bekommen.“ Plötzlich verstanden sie sich… Die ganze Produktion war ein großes Abenteuer. Es war teuflisch kalt. Wir hatten bis Minus 55 Grad Celsius beim Drehen. Die Lappen waren eigentlich Alkoholiker. Nachdem sie keinen Alkohol mehr bekommen haben, leckten sie Schuhpaste. Davon wurden sie auch besoffen. Schuld waren die Kälte und die Einsamkeit.
 
Gibt es noch eine besondere Erinnerung an die Dreharbeiten?
Ich habe gelernt, mit dem Lasso Rentiere zu fangen. Das war sehr beachtlich für mich.
 
Es gibt die Szene, wo Sie ins Wasser fallen. Waren Sie das selbst?
Ja, und das Wasser war sehr kalt. Als sie mich herauszogen, haben sie mir eine halbe Flasche Cognac in den Bauch geschüttet. Dann war ich einen Tag krank. Das hat mir aber sicher die Gesundheit gerettet. Alles in allem war die Szene aber nicht gefährlich. Es wurde mit den üblichen Filmtricks gearbeitet. In Wirklichkeit fiel ich von einem Boot ins kalte Meerwasser bei Stockholm.
 
Gustavo Rojo besuchte Sie am Set…
Er kam für ein Wochenende nach Stockholm, als wir im Studio drehten. Mehr Zeit hatte er nicht, weil er wieder zu eigenen Dreharbeiten musste. 
 
In LOCKVOGEL DER NACHT (1959) spielten Sie mit Peter van Eyck. Wie war der als Kollege?
Er war ein Weltstar. Wir kamen gut miteinander zurecht.
  
Auf geht's
Kofferpacken für Gustavo und Erika
  
Sie gingen dann mit Gustavo nach Hollywood und lebten in der Filmmetropole. In dieser Zeit sah man Sie nur in einem Fernsehfilm…
Ja, das stimmt. Ich habe nur einen Fernsehfilm für die berühmte Serie PLAYHOUSE 90 gemacht. Das war eine sehr anspruchsvolle Reihe. Gustavos Agent holte mich am Flughafen mit meiner Tochter und meinem Hund ab und schleppte mich sofort ins Studio. Dort stellte er mich vor und ich hatte die Rolle. Genauso war das! So schnell bin ich zum amerikanischen Fernsehen gekommen – und dann war aber Schluss. Ich bekam drüben keine Rollen mehr. Schuld daran war ein großer Streik in Hollywood. Als ich zurückkam, war meine Karriere mehr oder weniger beendet. Mit dem Fazit: Wieder mal eine aus Hollywood zurückgekommen.
 
CIRCUS OF HORROR (Der rote Schatten, 1960), ein britischer Horrorfilm, avancierte zu einem Kultfilm.
Mein erster englischer Film. CIRCUS OF HORRORS machte ein Regisseur, Sidney Hayers, den ich später heiratete. Bei dem Film lernten wir uns kennen. Für den Film lernte ich Kunststücke von Artisten, um das was sie machten, in Großaufnahmen nachspielen zu können. Etwa an einem Seil auf und ab zu tanzen.
 
Bis zur Heirat mit Sidney Hayers dauerte es noch einige Zeit…
25 Jahre später. Er rief mich an und meinte überrascht: „Ich hätte nie gedacht, dass du nach 25 Jahren noch unter der selben Telefonnummer zu erreichen bist.“ Er wollte mich gerne besuchen. So fing das an.
 
Sidney Hayers arbeitete international mit vielen Stars...
Er hat ganz viel gedreht. Auch viele Serien und Filme in den USA. Gelegentlich habe ich ihm am Set zugeschaut. Einmal drehten wir – in Italien – einen Fernsehfilm zusammen.
 
An welche Stars in den Filmen Ihres Mannes können Sie sich noch erinnern?
Mit Tom Selleck hat er zwei- oder dreimal gedreht. Selleck war ein Star, aber ein netter Star. Ich begegnete ihm in Mexiko. Eine schöne Erinnerung.
 
Zurück zu Ihren Filmarbeiten. - Zum Heimatfilm DREI WEISSE BIRKEN (1961)…
Oh, das war ein blöder Film.
 
Ja, ein Rührstück. Können Sie etwas zu Ihrem Kollegen Helmuth Schneider sagen?
Ein ganz netter Mensch. Ich lebte früher in Innsbruck. Mein erster Mann, Walter Reyer, spielte am dortigen Theater. Helmuth Schneider war auch am Innsbrucker Theater. Von daher kannten wir uns schon.
 
DER FLUCH DER GRÜNEN AUGEN (1964) schwamm ein bisschen auf der Edgar-Wallace-Welle mit…
Ja, aber ein weiterer blöder Film. Wir drehten den Film unter einem anderen Titel. Immerhin war es eine angenehme Drehzeit im früheren Jugoslawien.
 
Sie haben in einer Edgar-Wallace-Produktion der Merton Park Studios in England mitgespielt, aber nie in einem der deutschen Wallace-Filme. Wissen Sie weshalb?
Keiner hat mich gefragt. Ja mei, Schicksal. (lacht)
 
Einer Ihrer Lieblingsfilme ist die deutsch-französische Produktion LE BOIS DES AMANTS (1960, Die Nacht der Liebenden)...
Oh ja. LE BOIS DES AMANTS ist mein persönlicher Lieblingsfilm. Ich hatte exzellente Partner und Claude Autant-Lara war der tollste Regisseur, den ich je erlebte. So einen Regisseur gab es damals nicht in Deutschland. Da war alles oberflächlicher und in Frankreich dafür umso tiefsinniger. Französisch konnte ich zum Glück, so gab es keine Probleme bei der Arbeit mit den Franzosen. Der Film war mit Laurent Terzieff, Gert Fröbe und Horst Frank. Und der ganz tollen, alten Schauspielerin Françoise Rosay.  
  
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit den Marischka-Brüdern?
Zwetschi und Georg. Den Zwetschi kannte ich besser, weil der mit meiner guten Freundin Renate Ewert liiert war. Die sich dann das Leben nahm. Es ist immer eine Tragödie, wenn sich ein Mensch aus Liebeskummer das Leben nimmt. Sie und der Zwetschi waren oft bei Gustavo und mir zu Gast. Wir gingen oft zusammen aus. Das waren dann zwei attraktive Paare, die in München unterwegs waren.
  
Heirat in Santa Monica
Heirat in Santa Monica
 
Neben Gustavo haben Sie auch seinen Bruder und seine Mutter kennen gelernt…
Ja, klar. Seinen Bruder Rubén und seine Mutter Mercedes. Eine berühmte Schriftstellerin. Keine Schönheit. Wie sie so zwei hübsche Jungen bekommen konnte? Aber sehr gescheit. Witzig. Eine tolle Frau!
 
Was sagen Sie zu aktuellen Fotos von Gustavo?
Er wird immer jünger. Wie fit er in seinem Alter ist. Das ist sehr gut. Ich würde Gustavo gerne noch mal sehen, aber er ist in Mexiko und da komme ich wahrscheinlich nicht mehr hin.
 
WIE TÖTET MAN EINE DAME? (1966) lautete der Titel eines Agentenfilmes mit Stewart Granger und Curd Jürgens…
Stewart Granger gab einige Parties. Scilla Gabel und ich kochten dafür. Das waren so die Highlights. Curd Jürgens kannte ich schon lange. Meine Schwester war seine Privatsekretärin.
 
In den siebziger Jahren beendeten Sie Ihre Karriere…
Der deutsche Film befand sich in der Krise. Es kamen überhaupt keine Angebote mehr. Zum Fernsehen hatte ich kaum Zutritt. So beendete ich meine Karriere.
 
Sie vermissen nicht die Filmerei?
Diese Zeit ist vorbei. Dreißig Jahre vorbei.
 
Sie haben ein Buch geschrieben. Wird es evtl. einmal eine Autobiografie geben?
Das Buch hieß „Steckbriefe“ und war ein Krimi. Eine Autobiografie schreibe ich sicherlich nicht. So interessant finde ich mich nicht. Die Schauspielerei war aber eine schöne Zeit, vor allem die fünfziger Jahre.
 
Wenn Sie zurückblicken, wie ist das für Sie?
Es war eine tolle Zeit. Ich hatte ein tolles Leben. Habe ganz viel von der Welt gesehen. Von Südamerika bis Südost-Australien. Jetzt lebe ich in Spanien in einem wunderschönen Haus und fühle mich sauwohl.
 
Das ist schön. Vielen Dank für das Gespräch.
 
Reiner Boller (2010)
 
Anmerkung: Viele weitere Statements von Erika Remberg gibt es in der Gustavo-Rojo-Biografie „Abenteuer von Tarzan bis Winnetou“.
  
Schlager-Revue (1962)